»Bier gibt es wohl hier nicht oder?«, fragte Vartan den Herzog.
Phöbus stieß ihn an und schüttelte den Kopf. Doch der Herzog Adelhard grinste. »Ahh, ein Kenner. Welch eine Freude, dass der Herr Dieb auch auf so edle Braukunst wert legt. Natürlich haben wir auch Bier. Aber nicht diese widerliche abgestandene, schale Blürre von der Rosengart«, er schüttelte den Kopf. »Nein, wenn Euch danach dürstet, werde ich den Herren das Durrheimer Edelhopfen bringen lassen. Ein ganz besonderes Gebräu. Ein wenig herb malzig und im Abgang hopfig fruchtig. Es wird Euch sehr munden.«
Dann rief er einen seiner Diener zu sich.
»Mein Herr, Sie wünschen«, fragte der Mann in seinem schwarzen Anzug und dem weißen Hemd mit Rüschen an den Ärmeln. Er hielt ein Silbertablett vor sich in den Händen. Um den Arm war ein Tuch gelegt. Glatt wie ein Aal und weiß, wie der Schnee der letzten Nacht, verkündete es die Jungfräulichkeit der Götter selbst.
»So bringt uns doch drei der Durrheimer-Kollektion, welches ich gestern frisch erhielt.« Der Herzog sah durch die Runde. Phöbus schüttelte den Kopf.
»Dann nur zwei«, korrigierte er.
»Jawohl mein Herr, wie ihr wünscht.« Der Diener verließ den Raum und kehrte nach einer kurzen Weile zurück.
Vartan sah schon von Weitem die zwei Karaffen. Sie waren braun, bauchförmig und gingen nach oben in einen schmalen Hals über. Darauf befand sich ein seltsamer silberner Verschluss mit Kanten.
Daneben standen zwei Gläser mit Stiel, der in einen schmalen Bauch überging und nach oben wieder zusammen. Und dann lag da noch ein seltsames Ding in Silber mit einem Holm und einem Loch oberhalb mit einer Kerbe darin.
»Mein Herr, Euer Durrheimer«, sagte der Diener. Der Herzog griff nach dem Ding mit dem Loch und hielt es an den seltsamen Verschluss der Karaffe. Ein Zischen erfrischte die Luft auf seltsame Weise und der Verschluss war entfernt. Er hielt das Glas schräg in der Hand, mit einem Glucksen goss er die goldgelbe Flüssigkeit hinein. Darüber bildete sich der Schaum, wie Bier aus einem Fass gegossen.
»Dieses Bier ist etwas ganz besonderes und neues auf dem Markt«, begann der Herzog zu sprechen. »Es wird in braunen Flaschen abgefüllt und verkorkt. Man kann die Flüssigkeit nur mit einem Öffner entriegeln. So bleibt das Aroma erhalten.«
Der Herzog stellte behutsam die leere Flasche ab und gab Vartan das Glas. Dann öffnete er die Nächste und schenkte auch sich das Bier ein.
Vartan nahm das Glas und hielt es ins Licht.
»Seht, wie fein es perlt«, sagte der Herzog. »Gelb wie flüssiges Gold, nur durchsichtig«, bewunderte er das Trinkgefäß. Er drehte es geschickt mit den Fingern. »Ach so etwas hat es noch nie gegeben«, seufzte er. Er hatte die Augen geschlossen, den Kopf gehoben. Dann setzte er an, ließ einen kleinen Schluck an seine Lippen. Die Wangen des Herzoges blähten sich auf und zogen sich zusammen, er hörte die Flüssigkeit durch den Mund wandern und den Mann dazu schnalzen.
»Mhhh«, begann der Herzog. »So erfrischend und erquickend. Einfach ein Traum für jeden Hedonisten, es sich so wohlwollend im Mund zergehen zu lassen und dann dieses Aroma von fein geröstetem Malz, wie Karamell so süß und herb prickelt es durch den ganzen Mund und belebt ihn auf sonderbare Weise.« Dann schluckte er. »Und der Abgang fruchtig, nach dem edlen Hopfen, der nur so auf den maradabischen Inseln angebaut wird und reift. Mann kann förmlich die Sonne der Sommerlandinseln schmecken. Da überkommt mich doch tatsächlich gleich dieses wehmütige Gefühl, dort einmal wieder Urlaub machen zu müssen«, schwärmte der Herzog.
Vartan nahm sein Glas und roch dran. Es roch nach Hopfen und Malz. Dann setzte er das Glas an und leerte es in einem Zug.
»Aber, aber, mein verehrter Herr Junge, doch nicht so hastig!«, ermahnte ihn der Herzog. »So entgehen Euch doch die ganzen Geschmacksexplusionen. Was glaubt Ihr denn, was Ihr da trinkt. So können sich ja gar nicht die Knospen der Aromen in eurem Munde entfalten. Und was denkt Ihr, was eine solch edle Flasche kostet – zwanzig Batzen für eine, mit so edlem Gebräu. Das solltet Ihr nun wirklich nicht herunterschlucken, als wäre es nur Wasser aus der Lütte.«
Vartan dachte sich nur eins: ›Bier eben.‹
Dies ist ein Auszug aus dem Manuskript zu Götterspiele III – Die Suche im Schatten, welches ich beim WriMo25-Projekt im Future Space geschrieben habe. Den Text habe ich auf verschiedenen Lesebühnen vorgetragen. Er ist auch auf meiner Seite: www.dantares.de nachzulesen.
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